Ich bin der Dauersingle-Mensch, der im Grunde keinen blassen Schimmer von Beziehungen hat. So kommt es, dass Menschen, die in Beziehungen leben, meine ĆuĆerungen über Beziehungsfragen oft mit einem allwissenden āWenn du mal in einer Beziehung bist, wirst du das anders sehen!ā kommentieren. Zu Recht. Dennoch denke ich, dass ich sehr wohl zu manchen Beziehungsfragen eine ernstzunehmende Meinung haben kann ā weil es nƤmlich ums Prinzip geht. Wie zum Beispiel beim Thema: Das Handy meines Partners.
Geheimnistresor Handy
Das Thema kam wieder hoch, als ich vor kurzem im Film āZweiohrkükenā eine Szene beobachte, in der doch tatsƤchlich aus Versehen Til Schweigerās Mobiltelefon vom Tisch fƤllt, nur um dann von seiner Freundin netterweise aufgehoben zu werden. Es ergibt sich, dass sie nun (wiederum rein zufƤllig) die Tastatursperre aufhebt und in seinen SMS Eingang gelangt. Hier liest sie, ohne es jemals gewollt zu haben, alle Nachrichten der Frau von der sie befürchtet, dass sie ab und an nackt im Bett ihres Freundes liegen kƶnnte. Natürlich stƶĆt sie auf eine Nachricht, die im Grunde unverfƤnglicher nicht sein kƶnnte, schafft es aber trotzdem, sich aus den gelesenen SƤtzen zusammenzubasteln was sie lesen āwollteā: Er betrügt mich! Die Frau als solche neigt ja ohnehin schon dazu, waghalsig zu interpretieren. Wenn diese Grundangewohnheit dann auch noch ergƤnzt wird durch einen Verdacht oder eine Befürchtung, kann der arme Mann eigentlich auch schon nichts mehr dagegen ausrichten.
Frohes Kopfkino
Betrachten wir es doch mal nüchtern. In unserer Beziehung geht irgendwas vor sich, das uns dazu veranlasst, einen Blick in das Handy des Partners zu werfen ā heimlich natürlich. Meistens sind es die Frauen, die die Nase nicht aus fremden Angelegenheiten lassen kƶnnen. So richtig offen zugeben will es allerdings niemand. Nur nach viel bohren kommt das Vergehen ans Licht und wird gern als nebensƤchliche Kleinigkeit, die ganz normal ist, abgetan. Trotzdem ist und bleibt es ein Einschnitt in die PrivatsphƤre des anderen. Was dann jedoch passiert, zeigt deutlich, dass das Lesen der Nachrichten des Partners in den meisten FƤllen keinen weiter bringt. Ich habe also ins Handy meines Freundes gespickt, da ich auf dem Display eine Nachricht mit fragwürdigem Absender gefunden habe. Karin schreibt: āGerne morgen wieder!ā. Wer ist eigentlich Karin? Morgen wieder? Was morgen wieder? Sicher trifft er sich heimlich mit dieser Karin, die er bestimmt in irgendeiner Bar aufgerissen hat wƤhrend er auf seinem āJungsabendā war, von dem er eigentlich behauptet hatte, er wƤre nur bei Kai beim FuĆball schauen gewesen. Und dann? Dann sitzen wir da mit einem wundervoll quƤlenden Kopfkino und machen: Nichts.
Wer spickt zieht immer den Kürzeren
Pausenlos schwirrt nun also Karin in unserem Kopf herum. Meistens jedoch bleibt es genau dabei, denn diese Situation ansprechen würden wohl die Wenigsten. Geht ja auch nicht, schlieĆlich ist es ziemlich verwerflich, herumzuschnüffeln. Wenn wir das Handy in der Hand halten und den natürlich bekannten (weil heimlich abgeschauten) Pin eingeben, denken wir uns noch, dass wir durch das Lesen einer Nachricht auf irgendeine Art und Weise Klarheit bekommen würden. Doch meistens bekommen wir kein eindeutiges Indiz, sondern kƶnnen nur Vermutungen anstellen. Nun kommt also unser Liebster aus der Dusche, drückt uns einen dicken Kuss auf den Mund und verhƤlt sich fast so als wƤre nichts gewesen. Eventuell ist auch gar nichts gewesen, aber das ist für unser Gehirn in diesem Moment natürlich absolut keine Option. Es gibt also folgende Mƶglichkeiten: Die moderne Technik macht es potentiellen Schnüfflern heutzutage ja schon mehr als schwer. Die Wahrscheinlichkeit, dass Schatzi ziemlich schnell herausfindet, dass er nicht der Einzige ist, der seine Nachrichten liest, ist somit ziemlich hoch. Eine bereits gelesen Nachricht ist nur schwer zu vertuschen. Irgendwie wird die Spionage also herauskommen, und dann ist die Kacke mƤchtig am Dampfen. VerstƤndlicherweise. Zweite Option ist, dass Schatzi technisch nicht so versiert ist und den Betrug nicht bemerkt. Glück gehabt, denken wir uns ā zunƤchst. Das allerdings auch nur so lange, bis sich Karin wieder in unseren Kopf schleicht. Dann ist Karin beim Frühstück da, den ganzen Tag im Büro, sie sitzt beim Abendessen im schicken Italiener bei uns und liegt zwischen uns im Bett ā rein bildlich gesehen natürlich. Der Spicker ist also ziemlich gelackmeiert, um es mal auf den Punkt zu bringen.
Irgendwas ist ja immer
Keine Frage ā es gibt sicherlich viele Situationen, in denen Misstrauen angebracht ist. Interessant ist jedoch, dass in vielen FƤllen eben genau die Menschen, die heimlich in den Telefonen ihrer Partner wühlen, absolut keinen Grund haben misstrauisch zu sein. Gleichzeitig gehƶrt unsere Generation zu den sich-Probleme-Machern. Irgendwie stehen wir drauf, uns über irgendwas zu beschweren. Frei nach dem Motto āirgendwas ist ja immerā graben wir oft fƶrmlich mit Spitzhacke und Schaufel nach etwas, das unser Glück trüben kƶnnte. Nicht etwa weil wir tatsƤchlich unglücklich sein wollen, sondern vielmehr weil wir mit purem Glück nicht so gut umgehen kƶnnen. Ich nenne es mal Seelenmasochismus. Ich würde fast so weit gehen, dass wir oft unterbewusst beim Partner nach Fehlern oder kleinen Vergehen suchen, um dem Druck, perfekt sein zu müssen nicht so sehr standhalten zu müssen, oder wir haben schlichtweg verlernt zufrieden zu sein und zu genieĆen. Ist wohl Ansichtssache, Fakt ist aber, dass das Handygeschnüffele uns ziemlich sicher kein bisschen weiter bringt.
Was tun mit dem Misstrauen?
Mal angenommen, es gƤbe einen tatsƤchlichen Grund an der Treue oder Ehrlichkeit des Partners zu zweifeln. AuffƤlliges Verhalten wie hƤufiges sehr spƤtes Nachhausekommen, Lippenstift am Kragen, solche Sachen. Es passiert leider, dass Menschen andere Menschen hintergehen. Aber wie kann es denn sein, dass der einzige Weg, der uns einfƤllt ist, den Anderen ebenfalls zu hintergehen? Seit wann haben wir verlernt, miteinander zu reden? Wenn wir unserem Partner misstrauen, sind wir besorgt und wollen KlƤrung. Und dann schnüffeln wir herum und bewirken, dass es uns noch schlechter geht, wir noch besorgter sind, aber trotzdem keine KlƤrung stattfindet. Das bringt dann wohl wirklich keinem etwas. āDu sagst das immer so leicht, in echt ist es nicht so einfach…ā hƶre ich die PƤrchenstimmen mir entgegenschwappen. Klar ist es nicht einfach, wie kƶnnte es auch einfach sein, mit der Person, die man liebt ein GesprƤch über ein eventuelles Vergehen zu führen? Aber ist die andere Situation einfacher? Vielleicht monatelang mit einem Verdacht da zu sitzen und ihn nie zu ƤuĆern? Sich jeden Tag zu quƤlen mit diesen Gedanken? Ich glaube fast nicht.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass unsere innersten Instinkte uns schon so gepolt haben, dass wir in einer solchen Situation das GesprƤch suchen würden. Umso erstaunlicher finde ich es dann, dass es scheinbar eher diejenigen sind, die eigentlich keinen Grund haben misstrauisch zu sein, die sich die volle Drƶhnung Kopfkino gƶnnen. Und an dieser Stelle muss die Tante mal schimpfen: Das macht man nicht! Also ehrlich! Wenn es die reine Neugierde ist, die euch treibt, wƤre es vielleicht einfacher, grundsƤtzlich offen mit den Handys umzugehen. Frei nach dem Motto āYou show me yours ā I show you mineā entsteht so zumindest das Gefühl, keiner hƤtte vor dem Anderen etwas zu verbergen. Und genau so sollte es ja in einer Beziehung auch sein, wenn mich nicht alles tƤuscht š
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