In Beziehungen lassen sich die meisten Aussagen in beliebige Richtungen interpretieren. „Schatz, dein neuer Haarschnitt sieht interessant aus!“ kann heißen, dass die Frisur einsame Spitze oder aber auch ein kompletter Fehlgriff ist. „Mach einfach wie du denkst“ kann genauso gut heißen „Mach gefälligst wie ich es dir sage!“, und die Uhrzeit der nächtlichen Rückkehr vom Fußballabend kann nach einer Aussage wie „Komm nicht zu spät heim!“ zwischen 21 und 4 Uhr liegen. Es gibt jedoch einen Satz, der, wenn er zwischen einem Paar ausgesprochen wird, keine Zweifel daran lässt, um was es gleich gehen wird: „Schatz… wir müssen reden!“.
Krisengespräche
Der Satz „Schatz, wir müssen reden…“ leitet nur im seltensten Fall einen Kniefall gefolgt von einem Heiratsantrag ein. Wenn doch wäre das sehr sehr gemein. Vielmehr muss nach „Schatz, wir müssen reden…“ eigentlich nicht mehr viel gesagt werden, denn irgendwie ist klar: Es ist aus. Rum ums Eck. Vorbei. Schatz ich habe dich betrogen, ich liebe dich einfach nicht mehr, ich bin in meine Gitarrenlehrerin verliebt, ich kann dich nicht mehr ertragen, ich habe gesehen wie du mit dem Bruder des Kumpels meines Cousins geschmust hast… ihr wisst schon. Dann ein „es liegt nicht an dir sondern an mir“ gefolgt von „lass uns Freunde bleiben“. Dann redet man, weint viel, fragt tausendmal WARUM, umarmt sich (nur wenn keiner den anderen betrogen hat, sonst werfen die Menschen auch gerne etwas durch den Raum) und weint noch mehr. Dann packt einer seine Sachen und geht, und eine Woche später kommt der andere und holt, erneut unter Tränen, sein Hab und Gut ab. So macht man Schluss, zumindest in meiner Welt. Wir wissen jedoch alle, dass diese Methode nicht immer zum Tragen kommt. Der ein oder andere von uns hat sich auch schon mal etwas unfeiner aus der Affäre gezogen. Hier meine Favoriten:
Der Schlussmacher
Genau so wie es mittlerweile Ghostwriter für Online-Dating gibt, gibt es natürlich (!) auch Trennungsagenturen. Warum selber machen, wenn es Profis gibt, die das viel besser können, und vor allem seelisch dadurch nicht so sehr belastet werden. Klaus will also mit Sabine Schluss machen. Irgendwie haben die beiden sich auseinandergelebt in den letzten Jahren, die Luft ist raus. Klaus stöbert also auf der Schlussmacher-Seite. Gelbe Karte verteilen? Nein, wenn dann richtig. Schlussmachen ist gefragt. Wie praktisch, dass er im gleichen Atemzug auch jemanden damit beauftragen könnte, seine Sachen bei Sabine einzufordern. Er gibt also Sabines Namen und den Trennungsgrund weiter und ab da wird alles von den Schlussmachern übernommen. Dafür muss Klaus lediglich 150 Flocken hinlegen, schriftlich wäre billiger. Ich versuche mir vorzustellen, wie das wohl ist. Da kommt ein Mann auf mich zu und sagt „Carrie… wie müssen reden!“, und macht für meinen Partner mit mir Schluss. Meine Antwort darauf wäre wahrscheinlich ein kräftiger Tritt in die Kronjuwelen, mit dem Zusatz: „Dann bringen Sie ihm doch bitte das hier von mir mit!“.
Post-It Grüße
So passiert: Mir. Ich hatte da so eine Liebschaft, ist schon ein bisschen her. Eines Morgens wache ich in seinem Bett auf. Die Sonne scheint und es riecht nach Kaffee. Ein perfekter Start in den Tag. Als ich in die Küche komme steht da eine Kanne Kaffee, frische Brötchen, O-Saft und alles was mein kleines Frühstücksherz begehrt. Auf meinem Ei, das auch schon bereit steht, klebt ein grünes Post-It. Och wie süß, denke ich mir, sogar noch eine nette Nachricht hat er mir geschrieben. Dann lese ich. „Sorry, das mit uns wird nichts. Lass dir das Frühstück trotzdem schmecken. Grüße M.“. Leicht perplex stehe ich also in der Küche seiner Wohnung und frage mich, ob das ein schlechter Witz sein soll. Hatte ich aus Versehen im Schlaf gepupst? Und vor allem… wie bescheuert ist es denn bitte per Post-It mit jemandem Schluss zu machen, der sich noch in seiner Wohnung ist? Wäre ich eine Furie und crazy in Love, hätte ich seine ganze Bude auseinandernehmen können. Stattdessen schreibe ich ihm mit Edding auf die Kühlschranktür „Missionarsstellung ist so 70er!“, gieße meinen Kaffee in sein heißgeliebtes Bonsaibäumchen und verdufte.
Mutti, mach mal du
Kerstin sitzt im Café Müller und schlürft ihre Haselnuss-Latte. Herta, die Mutter ihres Freundes hatte sie angerufen und gefragt, ob sie sich auf einen Kaffee treffen wollen. Kerstin mag Herta und sagt zu. Die zukünftige Schwiegermutti mal ein bisschen besser kennenzulernen kann ja schließlich nicht schaden. Herta hat sogar Blumen mitgebracht, wie außerordentlich aufmerksam. Doch anstatt sich zu setzen, legt Herta nur die Blumen auf den Tisch und sagt: „Kerstin, das fällt auch mir jetzt nicht leicht, aber der Thorsten, der macht mit dir Schluss. Du weißt ja wie schüchtern er ist, also bin ich gekommen. Ich weiß nicht genau wieso, aber ich glaube weil ihr nicht zusammen passt. Einzelheiten wollte ich da auch nicht wissen. Also dann, viel Glück noch und Grüße an deine Eltern!“. Und dann huscht Herta wieder aus dem Café und hinterlässt eine sprachlose Kerstin. Als ihr jedoch bewusst wird, dass sie mit einem Mann zusammen war, der seine Mutter für ihn Schlussmachen lässt fühlt sie sich schnell wieder besser und beschließt, ihren Bruder, den muskulösen Polizisten mal bei Thorsten vorbeizuschicken, um ihre Sachen zu holen und ihm mitzuteilen wie sie die ganze Nummer so findet. Scheint ja Usus zu sein andere vorzuschicken.
Ich nerve dich? Och wie schade…
Sarah und Peter führen im Grunde eine Bilderbuchbeziehung. Gleiche Interessen, kein Streit, gleiche Vorstellungen vom Leben… mit dem kleinen Haken, dass Sarah darauf eigentlich gar keine Lust mehr hat. Schon dutzende Male hat sie versucht, Peter schonend beizubringen, dass für sie die ganze Sache im Grunde schon zu Ende ist, was lediglich dazu führte, dass sie noch mehr miteinander redeten und ihre Probleme miteinander besprachen. Im Grunde ein guter Schachzug in einer Beziehung, nur Sarah wollte nun mal lieber alleine sein als mit ihm. Da alles Gerede nicht zur erwünschten Trennung führt, beschließt Sarah, sich in den Typ Frau zu verwandeln, den er absolut nicht leiden kann. Zickig, eifersüchtig, derb. Nach vielen Eifersuchtsdramen, in denen Sarah ihm nachts „unauffällig“ nachspioniert hatte, nach einigen Malen öffentlichem Rülpsen und pupsen, nach diversen Streits wegen den kleinsten Kleinigkeiten, beschließt Peter endlich, Sarah den Laufpass zu geben. Sie hat sich einfach zu sehr verändert, und sei nicht mehr die Frau, die er einst geliebt hat. Sicher nicht die feine englische Art, Ziel trotzdem erreicht.
Kein Mensch sagt, dass Schlussmachen super ist. Schlussmachen ist sogar richtig doof. Trotzdem muss es nun mal sein, wenn wir mit einem Menschen nicht mehr zusammen sein wollen. Unangenehm hin oder her, irgendwie schulden wir demjenigen, von dem wir uns trennen, doch mindestens den Anstand, das persönlich von Angesicht zu Angesicht zu tun, oder? Bevor es euch geht wie diesem Amerikaner, der sich nicht traute, sich von seiner Frau zu trennen, einfach weitermachte, als sei nichts und nebenher aber eine weitere Ehe aufbaute. Als seine Frau dann unter der „Freunde, die Sie vielleicht kennen“ Option bei Facebook ein Hochzeitsbild von ihm und seiner neuen Frau sah, nahm sie ihm die Bürde der Trennung gerne ab.